814.05 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 2021 |
Nr. 30 |
ausgegeben am 26. Januar 2021 |
Gesetz
vom 3. Dezember 2020
über die Abänderung des Emissionshandelsgesetzes
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:
1
Abänderung bisherigen Rechts
Das Emissionshandelsgesetz (EHG) vom 19. September 2012, LGBl. 2012 Nr. 346, wird wie folgt abgeändert:
Art. 1
Zweck
1) Dieses Gesetz bezweckt die Verringerung von Treibhausgas-Emissionen innerhalb und ausserhalb Liechtensteins mit dem Ziel, einen angemessenen Beitrag zu leisten, die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird.
2) Es dient zudem der Umsetzung:
a) der Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft
2, einschliesslich der damit zusammenhängenden Durchführungsrechtsakte;
b) des Klimaübereinkommens von Paris vom 12. Dezember 2015.
3) Die jeweils geltende Fassung der in Abs. 2 genannten EWR-Rechtsvorschriften ergibt sich aus der Kundmachung der Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt nach Art. 3 Bst. k des Kundmachungsgesetzes.
Art. 3 Abs. 1 Bst. b, i und k bis m sowie Abs. 2
1) Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:
b) Aufgehoben
i) "neuer Marktteilnehmer": eine Anlage:
1. die eine oder mehrere der in Anhang I der Richtlinie 2003/87/EG aufgeführten Tätigkeiten durchführt; und
2. der zum ersten Mal im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis 30. Juni 2029 eine Emissionsgenehmigung erteilt wird;
k) Aufgehoben
l) Aufgehoben
m) "Projektmassnahme": eine Massnahme, die zu einer Reduktion von Treibhausgasen führt und eine nachhaltige Entwicklung unterstützt sowie nach Massgabe der Klimakonvention und der in deren Rahmen getroffenen Entscheidungen oder aufgrund EWR-rechtlicher Bestimmungen anerkannt wird; darunter fallen auch Massnahmen nach Art. 6 (internationale Nutzung von neuen Marktmechanismen) des Klimaübereinkommens von Paris;
2) Im Übrigen finden die Begriffsbestimmungen des anwendbaren EWR-Rechts, insbesondere der Richtlinie 2003/87/EG, ergänzend Anwendung.
Art. 4
Klimaziel und Reduktionserfüllung
1) Die Emissionen von Treibhausgasen sind bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 gesamthaft um 40 % zu vermindern. Die Verminderung gegenüber 1990 ist zu mindestens 30 % durch Massnahmen im Inland zu erreichen, insbesondere durch energie-, verkehrs-, umwelt-, forst-, landwirtschafts-, wirtschafts- und finanzpolitische Massnahmen.
2) Die Regierung passt das nationale Klimaziel (National Determined Contributions; NDCs) im Rahmen internationaler Verpflichtungen, insbesondere des Klimaübereinkommens von Paris, periodisch an. Es ist dem Landtag jeweils zur Kenntnis zu bringen.
3) Die Reduktion von Treibhausgasen ist grundsätzlich durch Massnahmen im Inland zu erbringen. Jener Anteil an Treibhausgasen, der sich nicht durch Massnahmen im Inland reduzieren lässt, wird durch die Anwendung von internationalen Marktmechanismen abgedeckt.
4) Die Regierung erstellt eine Nationale Klimaschutzstrategie, in der sie die Grundzüge und Massnahmen festlegt, die das Ziel einer Klimaneutralität bis ins Jahr 2050 zum Ziel haben. Die Klimaschutzstrategie ist regelmässig zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Zudem erstellt die Regierung eine Langzeitstrategie, die den Zeitraum bis Mitte des Jahrhunderts abdeckt. Die Strategien sind dem Landtag zur Genehmigung zu unterbreiten.
Art. 5 Abs. 1, 4 und 5
1) Betreiber von Anlagen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. g bedürfen vorbehaltlich Abs. 3 und 4 zur Emission von Treibhausgasen einer Genehmigung durch das Amt für Umwelt (Emissionsgenehmigung).
4) Keiner Emissionsgenehmigung bedürfen zudem Kleinanlagen, die vom Amt für Umwelt nach Massgabe von Art. 27 und 27a der Richtlinie 2003/87/EG vom Emissionshandel ausgeschlossen werden. Die Regierung regelt das Nähere mit Verordnung, insbesondere:
a) das Verfahren über den Ausschluss von Kleinanlagen;
b) die gleichwertigen Massnahmen zur Emissionsverminderung;
c) das Erlöschen des Ausschlusses;
d) die Information und Beteiligung der Öffentlichkeit.
5) Keine Genehmigung wird erteilt für:
a) Anlagen mit einer installierten Feuerungswärmeleistung von mehr als 20 MW, wenn sie fossil betrieben werden oder mehr als 25 000 Tonnen CO2-Äquivalent (ohne Emissionen aus Biomasse) pro Kalenderjahr emittieren;
b) Luftverkehrsbetreiber mit Luftfahrzeugen mit einer höchstzulässigen Startmasse von mehr als 5 700 kg, wenn die jährlichen Gesamtemissionen der Flüge dieses Betreibers mehr als 10 000 Tonnen betragen.
Art. 9 Abs. 2
2) Die Überwachung von Emissionen und der Emissionsbericht haben den Anforderungen des EWR-Rechts, insbesondere Anhang IV der Richtlinie 2003/87/EG und der nach Art. 14 der Richtlinie 2003/87/EG erlassenen Durchführungsrechtsakte, zu entsprechen.
Art. 10 Abs. 2, 4 Einleitungssatz und Abs. 6
2) Die Überprüfung des Emissionsberichts sowie die Mindestanforderungen an die Sachverständigen richten sich nach Anhang V der Richtlinie 2003/87/EG und der nach Art. 14 und 15 der Richtlinie 2003/87/EG erlassenen Durchführungsrechtsakte.
4) Bestehen an der Unabhängigkeit eines Sachverständigen begründete Zweifel, so kann das Amt für Umwelt:
6) Die Emissionen der Anlage werden vom Amt für Umwelt geschätzt und verbindlich festgelegt, wenn:
a) der Emissionsbericht nicht bis zum 31. März des Folgejahres geprüft und vorgelegt wird;
b) der Emissionsbericht nicht den Anforderungen nach Art. 9 Abs. 2 entspricht; oder
c) der Prüfbericht nicht nach Massgabe von Abs. 2 erstellt wurde.
Art. 11
Handelsperioden
1) Die erste Handelsperiode für Betreiber von Anlagen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Bst. g erstreckt sich über einen Achtjahreszeitraum und beginnt am 1. Januar 2013 und endet am 31. Dezember 2020.
2) Die am 1. Januar 2021 beginnende Handelsperiode erstreckt sich über einen Zehnjahreszeitraum und endet am 31. Dezember 2030.
Art. 12 Abs. 1
1) Sämtliche dem Land Liechtenstein durch die EFTA-Überwachungsbehörde nach der Richtlinie 2003/87/EG zugewiesenen Emissionszertifikate, die nicht nach Art. 13 kostenlos zugeteilt oder nach Art. 17 gelöscht werden, sind zu versteigern.
Art. 13
Kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten
1) Das Amt für Umwelt teilt Anlagenbetreibern nach Massgabe von Art. 10a der Richtlinie 2003/87/EG und der dazu erlassenen Durchführungsrechtsakte eine gewisse Anzahl von Emissionszertifikaten kostenlos zu.
2) Anlagenbetreiber haben dem Amt für Umwelt jede Änderung des Betriebs ihrer Anlage, welche sich auf die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten auswirkt, mitzuteilen.
3) Die Regierung regelt das Nähere über die kostenlose Zuteilung mit Verordnung.
Art. 14 Abs. 2 bis 7
2) Das Amt für Umwelt berechnet die vorläufige Zuteilungsmenge. Bei der Berechnung wendet es den EWR-rechtlich festgelegten Korrekturfaktor an.
3) Das Amt für Umwelt erstellt ein Verzeichnis, das alle unter dieses Gesetz fallenden Anlagen und die Informationen nach Massgabe von Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2003/87/EG umfasst.
4) Das Amt für Umwelt veröffentlicht die vorläufige Zuteilungsmenge (Abs. 2) und das Verzeichnis (Abs. 3) und übermittelt diese an die EFTA-Überwachungsbehörde zur Genehmigung. Aus der Veröffentlichung der vorläufigen Zuteilungsmenge ergibt sich kein Rechtsanspruch auf Zuteilung.
5) Das Amt für Umwelt entscheidet über die Zuteilung kostenloser Emissionszertifikate auf Grundlage dieses Gesetzes und der dazu erlassenen Verordnung sowie der Vorgaben der EFTA-Überwachungsbehörde vor Beginn der Handelsperiode.
6) Die Vergabe von Emissionszertifikaten erfolgt jährlich nach Massgabe der Zuteilungsentscheidung nach Abs. 5, spätestens am 28. Februar eines Jahres, sofern die Anlage nicht erst nach diesem Zeitpunkt in Betrieb genommen wurde.
7) In Fällen, in denen eine Anlage den Betrieb in einer laufenden Handelsperiode aufnimmt, erfolgt die Zuteilung sowie die Vergabe von Emissionszertifikaten auf der Grundlage der Aktivitätsrate des ersten Betriebskalenderjahres nach dem Jahr der Aufnahme des normalen Betriebes der Anlage.
Art. 15
Abgabe und Anerkennung von Emissionszertifikaten
1) Der Anlagenbetreiber hat dem Amt für Umwelt bis zum 30. April des der auf der Zuteilungsentscheidung basierenden Vergabe folgenden Jahres eine Anzahl von Emissionszertifikaten abzugeben, die den nach Art. 10 geprüften Gesamtemissionen im Vorjahr entsprechen.
2) Emissionszertifikate, die von Drittstaaten vergeben worden sind, mit denen ein Abkommen der Europäischen Union über die gegenseitige Anerkennung von Emissionszertifikaten besteht und die nach Massgabe der nach Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87/EG erlassenen Durchführungsrechtsakte vergeben wurden, stehen Emissionszertifikaten der EWR-Vertragsstaaten gleich.
Art. 16 Abs. 1 und 4 bis 4b
1) Soweit dies im Rahmen der EWR-rechtlichen Verpflichtungen vorgegeben ist, führt das Amt für Umwelt ein öffentlich zugängliches Emissionshandelsregister.
4) Der dritte Bevollmächtigte mit Sitz in Liechtenstein hat die Angaben der übrigen Kontobevollmächtigten angemessen zu überprüfen und die Authentizität dieser Angaben gegenüber dem Amt für Umwelt zu bestätigen. Änderungen sind dem Amt für Umwelt umgehend zu melden.
4a) Das Amt für Umwelt prüft, ob die für die Eröffnung des Personenkontos übermittelten Angaben sowie die Angaben für die Benennung der Bevollmächtigten vollständig, aktuell, richtig und exakt sind.
4b) Mindestens alle drei Jahre überprüft das Amt für Umwelt, ob die für die Eröffnung des Personenkontos übermittelten Angaben nach wie vor vollständig, aktuell, richtig und exakt sind.
Art. 17 Sachüberschrift, Abs. 2 und 3
Übertragbarkeit, Gültigkeit und Löschung von Emissionszertifikaten
2) Ab dem 1. Januar 2013 vergebene Emissionszertifikate sind für unbegrenzte Zeit gültig. Beginnend mit dem 1. Januar 2021 ist auf Emissionszertifikaten anzugeben, in welcher Handelsperiode sie vergeben wurden. Sie sind für Emissionen ab dem ersten Jahr dieser Handelsperiode gültig.
3) Das Amt für Umwelt hat auf Antrag des Inhabers von Emissionszertifikaten diese zu löschen.
Art. 19 Abs. 2 Bst. a und Abs. 4
2) Die Zustimmung wird auf Antrag eines Projektbetreibers erteilt, wenn die Projektmassnahme dem geltenden nationalen Recht sowie internationalen Vorgaben entspricht, insbesondere:
a) den Bestimmungen des Klimaübereinkommens von Paris und den in diesem Rahmen gefassten Beschlüssen;
4) Die Regierung regelt das Nähere über die Zustimmung zu Projektmassnahmen der internationalen Marktmechanismen mit Verordnung.
Art. 21 Bst. a und b
Der Regierung obliegen insbesondere:
a) die periodische Anpassung der nationalen Klimaziele (Art. 4 Abs. 2) sowie die Anwendung von internationalen Marktmechanismen (Art. 4 Abs. 3);
b) die Erstellung der Nationalen Klimaschutzstrategie und der Langzeitstrategie (Art. 4 Abs. 4);
Art. 22 Bst. a, d, g, h und i
Dem Amt für Umwelt obliegen insbesondere:
a) die Erteilung von Emissionsgenehmigungen sowie der Ausschluss von Kleinanlagen vom Emissionshandel (Art. 5);
d) die Erteilung der Zustimmung zur Anwendung internationaler Marktmechanismen (Art. 19);
g) die Durchführung von Projektmassnahmen der internationalen Marktmechanismen des Landes;
h) die Erstellung eines Klimainventars nach Massgabe der Klimakonvention sowie des Klimaübereinkommens von Paris und der in dessen Rahmen gefassten Beschlüsse;
i) die Erstellung von Berichten, einschliesslich des Nationalen Klimaberichtes, der Zweijahrestransparenzberichte (Biennial Transparency Reports, BTR) und des Berichtes über die Anwendung der Richtlinie 2003/87/EG, sowie die Benachrichtigung internationaler Organisationen nach Massgabe der Klimakonvention sowie des Klimaübereinkommens von Paris und der in dessen Rahmen gefassten Beschlüsse; die Nationalen Klimaberichte und die Zweijahrestransparenzberichte bedürfen der Genehmigung der Regierung.
Art. 24 Abs. 1 Bst. b, c und e
1) Das Amt für Umwelt macht öffentlich zugänglich:
b) Informationen über die Anwendung der internationalen Marktmechanismen;
c) Emissionsberichte nach Art. 9 und Prüfberichte nach Art. 10 Abs. 3;
e) Aufgehoben
Art. 25
Auskunfts- und Mitwirkungspflicht
1) Jede Person ist verpflichtet, die für den Vollzug dieses Gesetzes und der dazu erlassenen Verordnungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen, nötigenfalls Messungen oder andere Abklärungen durchzuführen oder zu dulden.
2) Das Amt für Umwelt kann vorschreiben, dass Anlagenbetreiber die nach diesem Gesetz bereitzustellenden Daten unter Verwendung amtlicher Formulare oder in elektronischer Form zu übermitteln haben.
Art. 25a
Verarbeitung personenbezogener Daten
1) Die Vollzugsbehörden dürfen personenbezogene Daten, einschliesslich personenbezogener Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten, verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist.
2) Sie können für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben, insbesondere für die Erstellung von Registern, Verzeichnissen und Datensammlungen, Informations- und Dokumentationssysteme führen. Im Übrigen gelten die datenschutzrechtlichen Bestimmungen.
Art. 27 Abs. 1 Bst. d und Abs. 2 bis 4
1) Das Amt für Umwelt erhebt Gebühren für Amtshandlungen nach diesem Gesetz, insbesondere für:
d) die Prüfung und Durchführung von Projekten internationaler Marktmechanismen (Art. 19);
2) Gebührenpflichtig ist, wer eine Verfügung oder sonstige Amtshandlung des Amtes für Umwelt beantragt oder veranlasst.
3) Aufgehoben
4) Die Regierung regelt das Nähere über die Gebührenerhebung mit Verordnung.
Art. 31 Abs. 1 Bst. f
1) Vom Amt für Umwelt wird wegen Übertretung mit einer Busse bis 30 000 Franken bestraft, wer:
f) Ausführungsvorschriften zu diesem Gesetz, deren Übertretung für strafbar erklärt wird, verletzt.
Art. 34 Bst. a bis d
Die Regierung erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verordnungen, insbesondere über:
a) den Ausschluss von Kleinanlagen nach Art. 5 Abs. 4;
b) die kostenlose Zuteilung nach Art. 13 Abs. 3;
c) die Bestimmungen über das Emissionshandelsregister nach Art. 16 Abs. 5;
d) die Zustimmung zu Projektmassnahmen der internationalen Marktmechanismen nach Art. 19 Abs. 4;
II.
Inkrafttreten
1) Dieses Gesetz tritt unter Vorbehalt des ungenutzten Ablaufs der Referendumsfrist am 1. Februar 2021 in Kraft, andernfalls am Tag nach der Kundmachung.
2) Art. 1, 3 Abs. 1 Bst. b und k bis m sowie Art. 15 Abs. 1 treten am 1. Januar 2021 in Kraft.
In Stellvertretung des Landesfürsten:
gez. Alois
Erbprinz
gez. Adrian Hasler
Fürstlicher Regierungschef
1
Bericht und Antrag sowie Stellungnahme der Regierung Nr.
77/2020 und
136/2020
2
Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates
(ABl. L 275 vom 25.10.2003, S. 32)