0.351.915.71
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2012 Nr. 51 ausgegeben am 28. Februar 2012
Abkommen
zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und der Regierung von St. Vincent und den Grenadinen über den Informationsaustausch in Steuersachen
Abgeschlossen in Vaduz am 2. Oktober 2009
Zustimmung des Landtags: 22. April 20101
Inkrafttreten: 16. Mai 2011
Präambel
Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein und die Regierung von St. Vincent und den Grenadinen, im Folgenden die "Vertragsparteien" -
in Anbetracht der Erkenntnis, dass die gut entwickelten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Vertragsparteien eine weitergehende Zusammenarbeit verlangen;
in Anbetracht des Wunsches der Vertragsparteien, ihre Beziehung weiter zu entwickeln, indem sie zu beiderseitigem Nutzen im Bereich der Besteuerung zusammenarbeiten;
in Anbetracht des Wunsches der Vertragsparteien, die Fähigkeit beider Vertragsparteien zu stärken, ihre jeweiligen Steuergesetze durchsetzen zu können; und
in Anbetracht des Wunsches der Vertragsparteien, die Bedingungen festzulegen, welche den Informationsaustausch in Steuersachen regeln -
sind wie folgt übereingekommen:
Art. 1 2
Geltungsbereich des Abkommens
Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien leisten einander Unterstützung durch den Austausch von Informationen, die für die Verwaltung und Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts der Vertragsparteien betreffend die unter dieses Abkommen fallenden Steuern voraussichtlich erheblich sind, einschliesslich Auskünften, die für die Festsetzung und Erhebung dieser Steuern bei den diesen Steuern unterliegenden Personen, die Eintreibung und Durchsetzung von Steuerforderungen oder für Ermittlungen in oder die Verfolgung von Steuerstrafsachen bei diesen Personen voraussichtlich erheblich sind. Der Informationsaustausch erfolgt in Übereinstimmung mit diesem Abkommen und wird, wie in Art. 8 vorgesehen, vertraulich behandelt. Die persönlichen Rechte und Sicherheiten, welche die Gesetze oder die Verwaltungspraxis der ersuchten Vertragspartei gewähren, bleiben anwendbar, soweit sie den effektiven Austausch von Informationen nicht auf unzulässige Weise verhindern oder verzögern.
Art. 2
Zuständigkeit
Die ersuchte Vertragspartei ist nicht zur Erteilung von Auskünften verpflichtet, die weder ihren Behörden vorliegen noch im Besitz oder in der Verfügungsmacht von Personen in ihrem Hoheitsgebiet sind.
Art. 3
Unter das Abkommen fallende Steuern
1) Dieses Abkommen gilt für folgende Steuern:
a) in Bezug auf das Fürstentum Liechtenstein
- die Erwerbssteuer;
- die Ertragssteuer;
- die Gesellschaftssteuern;
- die Grundstücksgewinnsteuer;
- die Vermögenssteuer;
- die Couponsteuer; und
- die Nachlass-, Erbanfalls- und Schenkungssteuern;
b) in Bezug auf St. Vincent und die Grenadinen die Einkommenssteuern und Gesellschaftssteuern beziehungsweise alle Steuern, die im Hoheitsbereich von St. Vincent und den Grenadinen erhoben werden.
2) Dieses Abkommen gilt auch für alle Steuern gleicher oder im Wesentlichen ähnlicher Art, die nach der Unterzeichnung dieses Abkommens neben den bestehenden Steuern oder an deren Stelle erhoben werden, soweit die Vertragsparteien dies vereinbaren. Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien teilen einander die bei den unter dieses Abkommen fallenden Steuern sowie den entsprechenden Massnahmen zur Beschaffung von Auskünften eingetretenen wesentlichen Änderungen mit.
Art. 4
Begriffsbestimmungen
1) Für die Zwecke dieses Abkommens, soweit nichts anderes bestimmt ist,
a) bedeutet der Ausdruck "Fürstentum Liechtenstein", im geographischen Sinn verwendet, das Gebiet, in dem das Steuerrecht des Fürstentums Liechtenstein gilt;
b) bedeutet der Ausdruck "St. Vincent und die Grenadinen", im geographischen Sinn verwendet, das Gebiet, in dem das Steuerrecht von St. Vincent und den Grenadinen gilt;
c) bedeutet der Ausdruck "zuständige Behörde"
aa) im Fürstentum Liechtenstein die Regierung oder deren Bevollmächtigter;
bb) in St. Vincent und den Grenadinen der Finanzminister oder dessen Bevollmächtigter;
d) umfasst der Ausdruck "Person" natürliche Personen, Gesellschaften, ruhende Nachlässe und alle anderen Personenvereinigungen;
e) bedeutet der Ausdruck "Gesellschaft" juristische Personen, sowie Rechtsträger und besondere Vermögenswidmungen, die für die Besteuerung wie juristische Personen behandelt werden;
f) bedeutet der Ausdruck "börsennotierte Gesellschaft" eine Gesellschaft, deren Hauptaktiengattung an einem geregelten Markt, der die materiellen Anforderungen im Sinne des Art. 4 der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 erfüllt, notiert ist und deren notierte Aktien von jedermann ohne weiteres erworben oder veräussert werden können. Aktien können "von jedermann" erworben oder veräussert werden, wenn der Erwerb oder die Veräusserung von Aktien weder implizit noch explizit auf eine begrenzte Investorengruppe beschränkt ist;
g) bedeutet der Ausdruck "Hauptaktiengattung" die Aktiengattung oder die Aktiengattungen, die eine Mehrheit der Stimmrechtsanteile oder des statuarischen Kapitals der Gesellschaft darstellen;
h) bedeutet der Ausdruck "Investmentfonds oder Investmentsystem für gemeinsame Anlagen" eine Investitionsform für gemeinsame Anlagen, ungeachtet der Rechtsform. Der Ausdruck "öffentlicher Investmentfonds oder öffentliches Investmentsystem für gemeinsame Anlagen" bedeutet einen Investmentfonds oder ein Investmentsystem für gemeinsame Anlagen, bei dem die Fondsanteile, Gesellschaftsanteile oder sonstigen Anteile am Fonds oder System ohne Weiteres von jedermann erworben, veräussert oder zurückgekauft werden können. Fondsanteile, Gesellschaftsanteile oder sonstige Anteile am Fonds oder System können ohne Weiteres "von jedermann" erworben, veräussert oder zurückgekauft werden, wenn der Erwerb, die Veräusserung oder der Rückkauf weder implizit noch explizit auf eine begrenzte Anlegergruppe beschränkt ist;
i) bedeutet der Ausdruck "Steuer" eine Steuer, für die dieses Abkommen gilt;
j) bedeutet der Ausdruck "ersuchende Vertragspartei" die um Auskünfte ersuchende Vertragspartei;
k) bedeutet der Ausdruck "ersuchte Vertragspartei" die Vertragspartei, die um Erteilung von Auskünften ersucht wird;
l) bedeutet der Ausdruck "Massnahmen zur Beschaffung von Informationen" die Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren, die eine Vertragspartei zur Beschaffung und Erteilung der erbetenen Auskünfte befähigen;
m) bedeuten die Ausdrücke "Auskünfte" und "Informationen" Tatsachen, Erklärungen, Unterlagen oder Aufzeichnungen jeder Art;
n) bedeutet der Ausdruck "Steuersachen" alle Steuersachen einschliesslich Steuerstrafsachen;
o) bedeutet der Ausdruck "Steuerstrafsachen" Steuersachen im Zusammenhang mit vorsätzlichem Verhalten, das nach dem Strafrecht der ersuchenden Vertragspartei strafbewehrt ist;
p) bedeutet der Ausdruck "Strafrecht" sämtliche nach dem Recht der Vertragsparteien als solche bezeichneten steuerstrafrechtlichen Bestimmungen, unabhängig davon, ob sie im Steuerrecht, im Strafgesetzbuch oder in anderen Gesetzen enthalten sind;
q) bedeutet der Ausdruck "Staatsangehöriger"
aa) in Bezug auf Liechtenstein alle Inhaber von Landesbürgerrechten im Sinne des Bürgerrechtsgesetzes (LGBl. 1960, Nr. 23) sowie alle anderen als natürlichen Personen, die nach dem im Fürstentum Liechtenstein geltenden Recht errichtet worden sind;
bb) in St. Vincent und den Grenadinen alle Inhaber der Staatsangehörigkeit von St. Vincent und den Grenadinen.
2) In Bezug auf die jederzeitige Anwendung dieses Abkommens durch eine Vertragspartei, hat jeder Ausdruck, der in diesem Abkommen nicht definiert wird, die Bedeutung, die ihm nach den gesetzlichen Vorschriften der Vertragspartei, die dieses Abkommen anwendet, zu dem Zeitpunkt zukommt, zu dem das Ersuchen gestellt wurde, wobei die Bedeutung unter den anwendbaren steuerrechtlichen Vorschriften dieser Vertragspartei der Bedeutung unter anderen gesetzlichen Vorschriften dieser Vertragspartei vorgeht, ausser wenn der Zusammenhang eine andere Bedeutung verlangt oder die zuständigen Behörden sich gemäss den Bestimmungen in Art. 10 dieses Abkommens auf eine andere gemeinsame Bedeutung einigen.
Art. 5
Informationsaustausch auf Ersuchen
1) Auf Ersuchen der ersuchenden Vertragspartei erteilt die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei Auskünfte für die in Art. 1 genannten Zwecke. Diese Auskünfte werden ohne Rücksicht darauf erteilt, ob die ersuchte Vertragspartei diese Auskünfte für eigene steuerliche Zwecke benötigt oder ob das Verhalten, das Gegenstand der Ermittlungen ist, nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei eine Straftat darstellen würde, wäre es im Gebiet der ersuchten Vertragspartei erfolgt. Die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei stellt nur dann ein Auskunftsersuchen nach diesem Artikel, wenn sie die erbetenen Auskünfte nicht durch andere Massnahmen in ihrem eigenen Gebiet erlangen konnte; ausgenommen sind Fälle, in denen der Rückgriff auf derartige Massnahmen unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten mit sich bringen würde.
2) Reichen die der zuständigen Behörde der ersuchten Vertragspartei vorliegenden Auskünfte nicht aus, um dem Auskunftsersuchen entsprechen zu können, so ergreift diese Vertragspartei nach eigenem Ermessen alle geeigneten Massnahmen zur Beschaffung von Informationen, die erforderlich sind, um der ersuchenden Vertragspartei die erbetenen Auskünfte zu erteilen, auch wenn die ersuchte Vertragspartei diese Informationen zu dem betreffenden Zeitpunkt nicht für eigene steuerliche Zwecke benötigt.
3) Auf ausdrückliches Ersuchen der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei erteilt die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei in dem nach dem Recht der ersuchten Vertragspartei zulässigen Umfang Auskünfte nach diesem Artikel in Form von Zeugenaussagen und beglaubigten Kopien von Originaldokumenten.
4) Beide Vertragsparteien gewährleisten, dass ihre zuständigen Behörden in Übereinstimmung mit diesem Abkommen die Befugnis haben, folgende Auskünfte auf Ersuchen einzuholen oder zu erteilen:
a) Auskünfte von Banken, anderen Finanzinstituten oder Personen, einschliesslich Bevollmächtigten und Treuhändern, die als Vertreter oder Treuhänder handeln;
b) Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften, Gemeinschaften und anderen Personen, einschliesslich
aa) bei Investmentfonds oder Investmentsystemen für gemeinsame Anlagen Auskünfte über Gesellschaftsanteile, Fondsanteile und sonstige Anteile;
bb) bei Trusts Auskünfte über Treugeber, Treuhänder und Treuhandbegünstigte; bei Stiftungen und Anstalten Auskünfte über Gründer, Mitglieder des Stiftungsrats und Begünstigte; dies gilt unter der Voraussetzung, dass durch dieses Abkommen keine Verpflichtung der Vertragsparteien geschaffen wird, Auskünfte über Eigentumsverhältnisse einzuholen oder zu erteilen, die börsennotierte Gesellschaften oder öffentliche Investmentfonds oder öffentliche Investmentsysteme für gemeinsame Anlagen betreffen, es sei denn, diese Auskünfte können ohne unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten eingeholt werden.
5) Jedes Auskunftsersuchen ist möglichst detailliert abzufassen und muss in jedem Fall die folgenden schriftlichen Angaben enthalten:
a) die Identität der Person, der die Ermittlung oder Untersuchung gilt;
b) den Zeitraum (Steuerjahr oder Veranlagungszeitraum), für den die Auskünfte erbeten werden;
c) die Art der erbetenen Auskünfte und die Form, in der die Auskünfte der ersuchenden Vertragspartei vorzugsweise zur Verfügung zu stellen sind;
d) die Angelegenheit gemäss den steuerrechtlichen Vorschriften der ersuchenden Vertragspartei, in Bezug auf welche um die Informationen ersucht wird;
e) die Gründe für die Annahme, dass die erbetenen Auskünfte für die Durchführung des Steuerrechts der ersuchenden Vertragspartei in Bezug auf die unter Bst. a bezeichnete Person voraussichtlich erheblich sind;
f) die Gründe für die Annahme, dass die erbetenen Auskünfte der ersuchten Vertragspartei vorliegen oder sich im Besitz oder in der Verfügungsmacht einer Person im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei befinden;
g) den Namen und die Anschrift von Personen, soweit bekannt, in deren Besitz sich die erbetenen Auskünfte vermutlich befinden;
h) eine Erklärung, dass das Ersuchen dem Recht und der Verwaltungspraxis der ersuchenden Vertragspartei entspricht, dass die erbetenen Auskünfte, würden sie sich im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei befinden, von der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei nach dem Recht und im Rahmen der üblichen Verwaltungspraxis der ersuchenden Vertragspartei eingeholt werden könnten und dass das Ersuchen in Übereinstimmung mit diesem Abkommen gestellt wurde; und
i) eine Erklärung, dass die ersuchende Vertragspartei alle im eigenen Gebiet zur Verfügung stehenden Massnahmen zur Einholung der Auskünfte ausgeschöpft hat, ausgenommen solche, die unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten mit sich bringen würden.
6) Die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei bestätigt der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei den Eingang des Ersuchens; sie bemüht sich nach besten Kräften im Rahmen ihrer Möglichkeiten, die erbetenen Auskünfte dem ersuchenden Vertragsstaat innerhalb einer angemessenen Frist zu übermitteln.
Art. 6
Steuerprüfungen im Ausland
1) Die ersuchende Vertragspartei kann bei angemessener Vorankündigung darum ersuchen, dass die ersuchte Vertragspartei, soweit dies nach dem Recht dieses Staates zulässig ist, Vertretern der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei die Einreise in das Gebiet der ersuchten Vertragspartei zur Befragung natürlicher Personen und Prüfung von Unterlagen gestattet, soweit die betreffenden natürlichen oder anderen Personen dem im Voraus schriftlich zugestimmt haben. Die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei unterrichtet die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei über Zeitpunkt und Ort des geplanten Treffens mit den betreffenden natürlichen Personen.
2) Auf Ersuchen der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei kann die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei gestatten, dass Vertreter der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei während des relevanten Teils einer Steuerprüfung im Gebiet der ersuchten Vertragspartei anwesend sind.
3) Ist dem in Abs. 2 bezeichneten Ersuchen stattgegeben worden, so unterrichtet die zuständige Behörde der die Prüfung durchführenden ersuchten Vertragspartei so bald wie möglich die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei über Zeitpunkt und Ort der Prüfung, über die mit der Durchführung der Prüfung beauftragte Behörde oder den damit beauftragten Bediensteten sowie über die von der ersuchten Vertragspartei für die Durchführung der Prüfung vorgeschriebenen Verfahren und Bedingungen. Alle Entscheidungen im Zusammenhang mit der Durchführung der Steuerprüfung trifft die die Prüfung durchführende ersuchte Vertragspartei.
Art. 7
Möglichkeit der Ablehnung eines Ersuchens
1) Die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei kann ein Ersuchen der ersuchenden Vertragspartei ablehnen, wenn
a) das Ersuchen nicht in Übereinstimmung mit diesem Abkommen gestellt wurde, insbesondere wenn die Voraussetzungen des Art. 5 nicht erfüllt sind; oder
b) die ersuchende Vertragspartei nicht alle im eigenen Hoheitsgebiet zur Verfügung stehenden Massnahmen zur Einholung der Auskünfte ausgeschöpft hat; ausgenommen sind Fälle, in denen der Rückgriff auf derartige Massnahmen unverhältnismässig grosse Schwierigkeiten mit sich bringen würde; oder
c) die Erteilung der erbetenen Auskünfte der öffentlichen Ordnung (ordre public) der ersuchten Vertragspartei widerspräche;
d) Aufgehoben.3
2) Dieses Abkommen verpflichtet die ersuchte Vertragspartei nicht
a) zur Übermittlung von Informationen, die einem Aussageverweigerungsrecht unterliegen, oder zur Preisgabe eines Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnisses oder eines Geschäftsverfahrens, mit der Massgabe, dass die in Art. 5 Abs. 4 bezeichneten Auskünfte nicht allein schon deshalb als ein solches Geheimnis oder Geschäftsverfahren gelten; oder
b) zur Durchführung von Verwaltungsmassnahmen, die von den Gesetzen und der Verwaltungspraxis der ersuchten Vertragspartei abweichen, soweit die Verpflichtungen einer Vertragspartei nach Art. 5 Abs. 4 durch diesen Buchstaben nicht berührt werden.
3) Auskunftsersuchen dürfen nicht mit der Begründung abgelehnt werden, die dem Ersuchen zugrunde liegende Steuerforderung sei strittig.
4) Die ersuchte Vertragspartei ist nicht zur Einholung und Erteilung von Auskünften verpflichtet, welche die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei nach dem Recht dieser Partei und im Rahmen der üblichen Verwaltungspraxis nicht einholen könnte, wenn sich die erbetenen Auskünfte im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei befänden.
5) Die ersuchte Vertragspartei kann ein Auskunftsersuchen ablehnen, wenn die Auskünfte von der ersuchenden Vertragspartei zur Durchführung von Bestimmungen des Steuerrechts der ersuchenden Vertragspartei oder damit zusammenhängender Anforderungen erbeten werden, die einen Staatsangehörigen der ersuchten Vertragspartei gegenüber einem Staatsangehörigen der ersuchenden Vertragspartei unter den gleichen Umständen benachteiligen.
Art. 8
Vertraulichkeit
1) Die von den zuständigen Behörden der Vertragsparteien erteilten und empfangenen Auskünfte sind vertraulich zu behandeln.
2) Diese Auskünfte dürfen nur den Personen oder Behörden (einschliesslich der Gerichte und Verwaltungsbehörden) der Vertragsparteien zugänglich gemacht werden, die mit den in Art. 1 bezeichneten Aufgaben befasst sind, und von diesen Personen oder Behörden nur für die in Art. 1 bezeichneten Zwecke verwendet werden. Für diese Zwecke dürfen die Auskünfte in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder für eine Gerichtsentscheidung verwendet werden.
3) Diese Auskünfte dürfen ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung der zuständigen Behörde der ersuchten Vertragspartei nicht für andere als die in Art. 1 bezeichneten Zwecke verwendet werden.
4) Die nach diesem Abkommen der ersuchenden Vertragspartei erteilten Auskünfte dürfen keinem anderen Hoheitsbereich bekannt gegeben werden.
5) Personenbezogene Daten dürfen übermittelt werden, soweit dies zur Durchführung dieses Abkommens erforderlich ist und vorbehaltlich des Rechts der übermittelnden Vertragspartei.
6) Informationen, die die ersuchte Vertragspartei im Zusammenhang mit einem Auskunftsersuchen nach diesem Abkommen erhalten hat, sind von der ersuchten Vertragspartei gleichermassen vertraulich zu behandeln.
Art. 9
Kosten
Die ersuchende Vertragspartei erstattet der ersuchten Vertragspartei alle unmittelbaren Kosten, die im Rahmen der Erteilung von Auskünften nach diesem Abkommen entstehen. Die betreffenden zuständigen Behörden konsultieren einander von Zeit zu Zeit im Hinblick auf diesen Artikel; insbesondere konsultiert die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei in der Frage, ob bei der Auskunftserteilung auf ein bestimmtes Ersuchen mit beträchtlichen Kosten zu rechnen ist.
Art. 10
Verständigungsverfahren
1) Bei Schwierigkeiten oder Zweifeln zwischen den Vertragsparteien bezüglich der Durchführung oder Auslegung des Abkommens bemühen sich die zuständigen Behörden, die Angelegenheit in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.
2) Über die in Abs. 1 bezeichneten Vereinbarungen hinaus können sich die zuständigen Behörden der Vertragsparteien auf die nach diesem Abkommen anzuwendenden Verfahren verständigen.
3) Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien können zur Herbeiführung einer Einigung nach diesem Artikel unmittelbar miteinander verkehren.
4) Die Vertragsparteien verständigen sich bei Bedarf auf Verfahren zur Streitbeilegung.
Art. 11
Protokoll
Das anliegende Protokoll ist Bestandteil dieses Abkommens.
Art. 12
Umsetzungsgesetzgebung
Die für die Erfüllung und Umsetzung der Bestimmungen dieses Abkommens erforderlichen gesetzlichen Vorschriften sind bis zum 31. Dezember 2010 zu erlassen.
Art. 13
Inkrafttreten
1) Dieses Abkommen tritt einen Monat nach dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien einander notifiziert haben, dass ihre jeweiligen Voraussetzungen für das Inkrafttreten dieses Abkommens erfüllt sind. Massgeblich ist der Tag des Eingangs der letzten Notifikation.
2) Dieses Abkommen ist nach Inkrafttreten auf Ersuchen anzuwenden, die am Tag oder nach dem Tag des Inkrafttretens gestellt werden, jedoch nur in Bezug auf Steuerjahre oder Veranlagungszeiträume, die am oder nach dem 1. Januar 2010 beginnen.
Art. 14
Kündigung
1) Dieses Abkommen bleibt auf unbestimmte Zeit in Kraft, jedoch kann jede Vertragspartei das Abkommen durch ein Kündigungsschreiben an die zuständige Behörde der anderen Vertragspartei kündigen.
2) Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Kündigungsanzeige bei der zuständigen Behörde der anderen Vertragspartei folgt.
3) Wird das Abkommen gekündigt, so bleiben die Vertragsparteien in Bezug auf die nach diesem Abkommen erteilten und empfangenen Auskünfte an Art. 8 gebunden.
Zu Urkund dessen haben die von ihren jeweiligen Regierungen gehörig Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.
Geschehen zu Vaduz am 2. Oktober 2009 in deutscher und englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.
Für die
Regierung des Fürstentums

Liechtenstein:
Für die
Regierung von St. Vincent und den Grenadinen:
gez. Katja Gey
gez. Brian Jeeves
Protokoll
zum Abkommen zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein und der Regierung von St. Vincent und den Grenadinen über den Informationsaustausch in Steuersachen
Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein und die Regierung von St. Vincent und den Grenadinen (die "Vertragsparteien") haben anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens zwischen den beiden Vertragsparteien über den Informationsaustausch in Steuersachen nachstehende Bestimmungen vereinbart, die Bestandteil des Abkommens sind:
1. Aufgehoben.4
2. In Bezug auf Art. 5 Abs. 5 Bst. a besteht Einvernehmen, dass zur Bestimmung der Identität des Steuerpflichtigen eine Namensnennung nicht erforderlich ist, sofern sich diese aus vergleichbaren anderen Anhaltspunkten bestimmen lässt.
3. In Art. 9 ist der Ausdruck "unmittelbare Kosten" wie folgt auszulegen:
a) Zu den "unmittelbaren Kosten" zählen unter anderem folgende Kosten:
aa) angemessene Kosten für die Reproduktion und die Übermittlung von Unterlagen oder Aufzeichnungen an die zuständige Behörde der ersuchenden Vertragspartei;
bb) angemessene Gebühren, die ein Finanzinstitut oder eine Aufbewahrungsstelle für das Kopieren von Unterlagen und die mit einem bestimmten Auskunftsersuchen verbundene Recherche erhebt;
cc) angemessene Kosten für stenografische Niederschriften und Befragungen, eidliche mündliche Zeugenaussagen oder Zeugenaussagen vor Gericht;
dd) angemessene, in Übereinstimmung mit den nach anzuwendendem Recht zulässigen Sätzen festgesetzte Kosten und Aufwendungen von Personen, die freiwillig im Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien zur Befragung, eidlichen mündlichen Zeugenaussage oder Zeugenaussage vor Gericht im Zusammenhang mit einem bestimmten Auskunftsersuchen erscheinen;
ee) angemessene Anwaltskosten für nicht staatlich bestellten Rechtsbeistand, der mit Zustimmung der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei zur Prozessführung vor den Gerichten der ersuchten Vertragspartei im Zusammenhang mit einem bestimmten Auskunftsersuchen bestellt oder verpflichtet wird.
b) Zu den "unmittelbaren Kosten" zählen nicht die regulären Verwaltungs- und Gemeinkosten, die der ersuchten Vertragspartei bei der Prüfung und Beantwortung von Auskunftsersuchen der ersuchenden Vertragspartei entstehen.
c) Sind bei einem bestimmten Ersuchen unmittelbare Kosten oberhalb eines Betrags von EUR 500 oder des entsprechenden Betrags in Schweizer Franken zu erwarten, so tritt die zuständige Behörde der ersuchten Vertragspartei mit der zuständigen Behörde der ersuchenden Vertragspartei in Kontakt, um zu klären, ob die ersuchende Vertragspartei das Ersuchen weiterverfolgen und die Kosten tragen möchte.
4. Förmliche Mitteilungen zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsparteien einschliesslich der Ersuchen um Auskunft im Zusammenhang oder in Übereinstimmung mit dem geschlossenen Abkommen, sind schriftlich und auf direktem Wege an die nachfolgend angegebenen Adressen oder eine andere Adresse, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei gegebenenfalls mitgeteilt hat, zu richten. Alle einem Auskunftsersuchen folgenden Mitteilungen werden in schriftlicher Form an die jeweils zuständige Behörde oder ihren bevollmächtigten Vertreter gerichtet, wobei die Möglichkeit zur unmittelbaren Kontaktaufnahme gegeben ist.
Zuständige Behörde für das Fürstentum Liechtenstein:
Regierung des Fürstentums Liechtenstein
9490 Vaduz
Zuständige Behörde von St. Vincent und den Grenadinen:
Regierung von St. Vincent und den Grenadinen
Kingstown

1   Bericht und Antrag der Regierung Nr. 28/2010

2   Art. 1 abgeändert durch LGBl. 2015 Nr. 129.

3   Art. 7 Abs. 1 Bst. d aufgehoben durch LGBl. 2015 Nr. 129.

4   Abs. 1 aufgehoben durch LGBl. 2015 Nr. 129.