954.7
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2016 Nr. 147 ausgegeben am 28. April 2016
Gesetz
vom 2. März 2016
zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (EWR-Leerverkaufsverordnung-Durchführungsgesetz; EWR-LVDG)1
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:2
Art. 1
Zweck
1) Dieses Gesetz dient der Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (ABl. Nr. L 86 vom 24.3.2012, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.
2) Die jeweils geltende Fassung der in Abs. 1 genannten EWR-Rechtsvorschrift ergibt sich aus der Kundmachung der Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt nach Art. 3 Bst. k des Kundmachungsgesetzes.
Art. 2
Begriffe und Bezeichnungen
1) Bezugnahmen in diesem Gesetz auf juristische Personen sind so zu verstehen, dass sie eingetragene Personengesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit einschliessen.
2) Unter den in diesem Gesetz verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen sind Angehörige des weiblichen und männlichen Geschlechts zu verstehen.
Art. 3
Zuständige Behörde
Die FMA ist die für Liechtenstein zuständige Behörde nach Art. 32 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 und nimmt die einer zuständigen Behörde zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse nach der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 und diesem Gesetz wahr.
Art. 4
Befugnisse
1) Die FMA überwacht den Vollzug der Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 und dieses Gesetzes. Sie trifft die für den Vollzug notwendigen Massnahmen direkt, in Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsorganen oder durch Antrag bei der Staatsanwaltschaft.
2) Die FMA ist insbesondere befugt:
a) von den der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 und diesem Gesetz Unterstellten, einschliesslich der bei diesen angestellten Personen, und deren Wirtschaftsprüfern bzw. Revisionsgesellschaften sowie von Dritten alle für den Vollzug der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 und dieses Gesetzes erforderlichen Auskünfte und Unterlagen zu verlangen;
b) ausserordentliche Prüfungen durch einen Wirtschaftsprüfer bzw. eine Revisionsgesellschaft anzuordnen oder selber Prüfungen durchzuführen;
c) die Einstellung einer Praxis, die gegen die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 und dieses Gesetzes verstösst, zu verlangen;
d) die Staatsanwaltschaft zu ersuchen, Massnahmen zur Sicherung des Verfalls von Vermögenswerten nach Massgabe der Strafprozessordnung zu beantragen.
3) Die FMA veröffentlicht jede rechtskräftige Entscheidung über eine Massnahme nach Art. 18 bis 23 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 auf ihrer Internetseite. Sie kann diese Massnahmen in anonymisierter Form bekanntmachen, wenn die öffentliche Bekanntmachung der personenbezogenen Daten:
a) unter Berücksichtigung des Schadens für den Betroffenen unverhältnismässig wäre; oder
b) die Stabilität der Finanzmärkte oder laufende strafrechtliche Ermittlungen gefährden würde.
Art. 5
Entscheidungen der FMA
Werden Verstösse gegen Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 oder dieses Gesetzes festgestellt und keine Abhilfe geschaffen, so trifft die FMA die nötigen Entscheidungen und ergreift die entsprechenden Massnahmen.
Art. 6
Rechtsmittel
1) Gegen Entscheidungen der FMA kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde bei der FMA-Beschwerdekommission erhoben werden.
2) Gegen Entscheidungen der FMA-Beschwerdekommission kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Art. 7
Strafbestimmungen
1) Vom Landgericht wird wegen Vergehens mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bestraft, wer:
a) eine Aktie entgegen Art. 12 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 leer verkauft;
b) einen öffentlichen Schuldtitel entgegen Art. 13 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 leer verkauft;
c) mit Credit Default Swaps Transaktionen entgegen Art. 14 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 vornimmt.
2) Von der FMA wird wegen Übertretung mit Busse bis zu 200 000 Franken bestraft, wer:
a) einer Meldepflicht nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 nicht nachkommt oder die Meldung nicht nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 einreicht;
b) eine Netto-Leerverkaufsposition nach Art. 6 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 nicht oder nicht entsprechend den Vorschriften nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 offenlegt;
c) einer Meldepflicht nach Art. 7 oder 8 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 nicht nachkommt oder die Meldung nicht entsprechend den Vorschriften nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 einreicht;
d) Aufzeichnungen nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 nicht fünf Jahre lang aufbewahrt;
e) die Ausnahme nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 in Anspruch nimmt, ohne dies fristgerecht mitzuteilen oder entgegen der Untersagung in Anspruch nimmt;
f) einer Anordnung der FMA nach diesem Gesetz nicht nachkommt.
3) Die FMA hat Bussen nach Abs. 2 gegen eine juristische Person zu verhängen, wenn die Übertretungen nach Abs. 2 in Ausübung geschäftlicher Verrichtungen der juristischen Person (Anlasstaten) durch Personen begangen werden, die entweder allein oder als Mitglied des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung, des Vorstands oder Aufsichtsrats der juristischen Person oder aufgrund einer anderen Führungsposition innerhalb der juristischen Person oder aufgrund eines Vertretungs- oder sonstigen Auftragsverhältnisses gehandelt haben, aufgrund derer sie:
a) befugt sind, die juristische Person nach aussen zu vertreten;
b) Kontrollbefugnisse in leitender Stellung ausüben; oder
c) sonst massgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der juristischen Person ausüben.
4) Eine Strafbarkeit der juristischen Person nach Abs. 2 liegt nur dann vor, wenn sie es durch Mitglieder des Verwaltungsrats, der Geschäftsleitung, des Vorstands oder Aufsichtsrats oder aufgrund einer anderen Führungsposition innerhalb der juristischen Person oder aufgrund eines Vertretungs- oder sonstigen Auftragsverhältnisses unterlassen hat, die erforderlichen und zumutbaren Massnahmen zur Verhinderung derartiger Anlasstaten zu ergreifen.
5) Die Verantwortlichkeit der juristischen Person für die Anlasstat nach Abs. 2 und die Strafbarkeit der in Abs. 3 genannten Personen wegen derselben Tat schliessen einander nicht aus. Die FMA kann von der Bestrafung einer natürlichen Person absehen, wenn für dieselbe Verletzung bereits eine Geldbusse gegen die juristische Person verhängt wird und keine besonderen Umstände vorliegen, die einem Absehen von der Bestrafung entgegenstehen.
6) Bei fahrlässiger Begehung werden die Strafobergrenzen nach Abs. 1 und 2 auf die Hälfte herabgesetzt.
7) Unrechtmässig erlangte Vermögensvorteile aus Vergehen nach Abs. 1 können nach Massgabe des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches für verfallen erklärt werden.
Art. 8
Verantwortlichkeit
Werden die Widerhandlungen im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder einer Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft oder Einzelfirma begangen, finden die Strafbestimmungen auf die Personen Anwendung, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen, jedoch unter solidarischer Mithaftung der juristischen Person, der Gesellschaft oder der Einzelfirma für die Bussen und Kosten.
Art. 9
Aufsichtsabgaben und Gebühren
Die Aufsichtsabgaben und Gebühren richten sich nach der Finanzmarktaufsichtsgesetzgebung.
Art. 10
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 in Kraft.

In Stellvertretung des Landesfürsten:

gez. Alois

Erbprinz

gez. Adrian Hasler

Fürstlicher Regierungschef

1   Die LR-Nr. lautet in der authentischen Fassung fälschlicherweise 954.6.

2   Bericht und Antrag der Regierung Nr. 119/2015 und 11/2016