521.1 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 2016 |
Nr. 426 |
ausgegeben am 6. Dezember 2016 |
Bevölkerungsschutzverordnung (BSchV)
vom 29. November 2016
Aufgrund von Art. 6 Abs. 3, Art. 9 Abs. 3, Art. 10 Abs. 5, Art. 17 Abs. 5, Art. 30 Abs. 3, Art. 37 Abs. 3, Art. 38 Abs. 3 sowie Art. 48 des Gesetzes vom 26. April 2007 über den Schutz der Bevölkerung (Bevölkerungsschutzgesetz; BSchG), LGBl. 2007 Nr. 139, in der geltenden Fassung, sowie Art. 54 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 1982 über die wirtschaftliche Landesversorgung (Landesversorgungsgesetz, LVG) verordnet die Regierung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand
1) Diese Verordnung regelt in Durchführung des Bevölkerungsschutzgesetzes das Nähere über:
a) die Führungsstrukturen im Bereich des Bevölkerungsschutzes;
b) die Rettungs- und Hilfsdienste;
c) die wirtschaftliche Landesversorgung.
2) Auf die Alarmierung der Bevölkerung sowie der Rettungs- und Hilfsdienste finden die Bestimmungen der Alarmierungsverordnung Anwendung.
Art. 2
Bezeichnungen
Unter den in dieser Verordnung verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen sind Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts zu verstehen.
Art. 3
Zusammensetzung und Organisation
1) Der Landesführungsstab setzt sich zusammen aus:
a) dem für den Bevölkerungsschutz zuständigen Regierungsmitglied als Vorsitzenden;
b) mindestens je einem Vertreter der Landespolizei, des Amtes für Bevölkerungsschutz, des Amtes für Bau und Infrastruktur und des Amtes für Gesundheit sowie ebenso vielen Stellvertretern;
c) mindestens einem Vertreter der Gemeinden sowie mindestens einem Stellvertreter.
2) Dem Vorsitzenden obliegt die Organisation und Führung des Landesführungsstabs. Er kann je nach Lage weitere Fachkräfte beiziehen.
3) Die Regierung bestimmt einen Stabschef zur Unterstützung des Vorsitzenden.
4) Der Landesführungsstab unterhält eine Führungsunterstützung und einen Informationsdienst.
B. Aus- und Weiterbildung der Führungsorgane
Art. 4
Aus- und Weiterbildung
1) Die Aus- und Weiterbildung der Führungsorgane von Land und Gemeinden obliegt den jeweiligen Stabschefs. Diese erarbeiten zusammen mit dem Amt für Bevölkerungsschutz jährlich ein entsprechendes Ausbildungsangebot.
2) Die Führungsorgane haben das Führungsverhalten bei Schadenereignissen in angemessener Form regelmässig zu üben.
Art. 5
Finanzierung
1) Das Land trägt die Kosten für die Aus- und Weiterbildung:
a) der Mitglieder des Landesführungsstabs;
b) der Führungsorgane der Gemeinden.
2) In den Fällen nach Abs. 1 Bst. b werden nur die Kurskosten sowie Kosten für Verpflegung und Übernachtung, nicht jedoch die Entschädigung der Führungsorgane oder die Reisespesen übernommen.
III. Rettungs- und Hilfsdienste
Art. 6
Organisation
1) Die Regierung bestellt die Mitglieder des Lawinendienstes für eine Dauer von vier Jahren. Eine Wiederwahl ist möglich.
2) Der Lawinendienst besteht aus einem Vertreter des Amtes für Bevölkerungsschutz sowie mindestens drei weiteren Mitgliedern mit entsprechenden Fachkenntnissen.
3) Die Mitglieder des Lawinendienstes wählen aus ihrer Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter.
4) Die Regierung ist für die dauernde personelle und materielle Einsatzbereitschaft des Lawinendienstes verantwortlich.
Art. 7
Zuständigkeit
Der Lawinendienst ist zuständig für den Schutz der bewohnten Siedlungen, öffentlichen Verkehrswege und gekennzeichneten Winterwanderwege. Die Sicherung des organisierten Skiraumes liegt in der Verantwortung der Anlagenbetreiber.
Art. 8
Aufgaben
Die Kernaufgaben des Lawinendienstes umfassen die laufende Beurteilung der Lawinengefahr einschliesslich der Aufrechterhaltung eines Mess- und Beobachtungsdienstes, die Information der Bevölkerung und Behörden sowie temporäre Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lawinen. Zur Präzisierung der Kernaufgaben und weiterer Aufgaben erstellt der Lawinendienst ein Pflichtenheft.
Art. 9
Befugnisse
Der Lawinendienst verfügt über die zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderliche Entscheidungs- und Weisungsbefugnis sowie die dazu notwendige Finanzkompetenz. Bei Gefahr im Verzug ist jedes Mitglied des Lawinendienstes befugt, auch alleine die notwendigen Entscheidungen zu treffen und die erforderlichen Massnahmen anzuordnen.
Art. 10
Kosten und Entschädigung
1) Das Land trägt die Kosten für den Lawinendienst.
2) Die Mitglieder des Lawinendienstes erhalten für die Ausübung ihrer Tätigkeit eine vom Amt für Bevölkerungsschutz festgelegte Entschädigung.
B. Aus- und Weiterbildung
Art. 11
Grundsatz
1) Das Land und die Gemeinden stellen eine angemessene Aus- und Weiterbildung der Rettungs- und Hilfsdienste sicher, um die Erfüllung der gesetzlichen, statutarischen, reglementarischen oder im Rahmen von Leistungsvereinbarungen übertragenen Aufgaben zu gewährleisten.
2) Das Amt für Bevölkerungsschutz erarbeitet zusammen mit dem jeweiligen Rettungs- und Hilfsdienst jährlich ein entsprechendes Ausbildungsangebot.
Art. 12
Finanzierung
1) Die Kosten für die Teilnahme an Kursen gemäss dem jährlichen Ausbildungsangebot trägt das Land.
2) Für die Teilnahme an Übungen, die nicht Teil des Ausbildungsangebots sind, wird den Mitgliedern der Rettungs- und Hilfsdienste grundsätzlich keine Entschädigung ausgerichtet.
3) Die Regierung erlässt Weisungen über die Entschädigung von Instruktionspersonal und von Personen, die an Kursen nach Abs. 1 teilnehmen.
IV. Wirtschaftliche Landesversorgung
Art. 13
Anwendbares Recht
Soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt wird, finden auf die wirtschaftliche Landesversorgung die aufgrund des Zollvertrags in Liechtenstein anwendbaren schweizerischen Rechtsvorschriften Anwendung.
Art. 14
Vollzugsorgane
1) Vollzugsorgane der wirtschaftlichen Landesversorgung sind:
a) die Regierung;
b) die jeweils nach der Geschäftsverteilung zuständigen Regierungsmitglieder;
c) das Amt für Bevölkerungsschutz sowie andere in der Sache zuständige Amtsstellen;
d) die Gemeindestellen für wirtschaftliche Landesversorgung (GWL).
2) Die ständige Bereitschaft der Vollzugsorgane ist nach Art, Schwere und Umfang der Bedrohung so zu organisieren, dass die erforderlichen Tätigkeiten im Bedarfsfall unverzüglich aufgenommen werden können.
Art. 15
Regierung
Die Regierung übt die Aufsicht über die wirtschaftliche Landesversorgung aus. Sie:
a) stellt im Bedarfsfall dem Amt für Bevölkerungsschutz das erforderliche Personal, die geeigneten Räumlichkeiten und das notwendige Material zur Verfügung;
b) kann im Bedarfsfall Personal der Landesverwaltung im Rahmen ihres Dienstverhältnisses zur Mitarbeit heranziehen;
c) legt die Ausbildung, den Einsatz, die Entschädigung und den Versicherungsschutz der mit Aufgaben der wirtschaftlichen Landesversorgung betrauten Personen fest.
Art. 16
Amt für Bevölkerungsschutz
1) Das Amt für Bevölkerungsschutz vollzieht die Gesetzgebung über die wirtschaftliche Landesversorgung, sofern keine anderen Organe oder Dritte damit beauftragt sind.
2) Ihm obliegen insbesondere:
a) die Planung, Vorbereitung, Anordnung und Durchführung von Aufgaben und Massnahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung;
b) die Koordination der Tätigkeiten der Vollzugsorgane der wirtschaftlichen Landesversorgung;
c) die Ausbildung der mit Aufgaben der wirtschaftlichen Landesversorgung betrauten Personen, allenfalls unter Beizug von aussenstehenden Ausbildnern;
d) die Beratung und Überprüfung der Gemeindestellen für wirtschaftliche Landesversorgung;
e) die Zusammenarbeit mit den zuständigen schweizerischen Stellen im Bereich der wirtschaftlichen Landesversorgung.
Art. 17
Gemeindestellen für wirtschaftliche Landesversorgung
1) Jede Gemeinde bezeichnet eine Gemeindestelle für wirtschaftliche Landesversorgung und legt nach Absprache mit dem Amt für Bevölkerungsschutz deren Aufgaben fest.
2) Die Gemeindestelle trifft entsprechende Vorbereitungsmassnahmen zur Sicherung der Versorgung der Gemeinde mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen nach Absprache mit dem Amt für Bevölkerungsschutz.
3) Sie vollzieht nach Massgabe von Art. 13 des Gemeindegesetzes die vom Amt für Bevölkerungsschutz festgelegten Massnahmen.
Art. 18
Kosten
1) Das Land trägt die Kosten der Aus- und Weiterbildung von mit Aufgaben der wirtschaftlichen Landesversorgung betrauten Personen.
2) Die Gemeinden tragen die Kosten für die Umsetzung der vom Land angeordneten Massnahmen im Bereich der wirtschaftlichen Landesversorgung.
Art. 19
Strafverfolgung
Für die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen gegen die Gesetzgebung über die wirtschaftliche Landesversorgung ist das Landgericht zuständig.
Art. 20
Mitteilung von Gerichtsentscheidungen
Von allen Urteilen, Beschlüssen oder Einstellungsbeschlüssen, die aufgrund der Gesetzgebung über die wirtschaftliche Landesversorgung erlassen werden, haben die zuständigen Behörden dem Amt für Bevölkerungsschutz eine Ausfertigung zuzustellen.
V. Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 21
Aufhebung bisherigen Rechts
Es werden in ihrer jeweils geltenden Fassung aufgehoben:
a) Verordnung vom 13. November 2007 über den Lawinendienst (LawDV), LGBl. 2007 Nr. 287;
b) Verordnung vom 27. November 2007 über die wirtschaftliche Landesversorgung (Landesversorgungsverordnung; LVV), LGBl. 2007 Nr. 314;
c) Verordnung vom 15. Juli 2008 über die Führungsstrukturen im Bereich des Bevölkerungsschutzes, LGBl. 2008 Nr. 180;
d) Verordnung vom 15. Juli 2008 über Schutzräume (Schutzraumverordnung), LGBl. 2008 Nr. 182;
e) Verordnung vom 15. Juli 2008 über die Aus- und Weiterbildung der im Bereich des Bevölkerungsschutzes tätigen Rettungs- und Hilfsdienste, LGBl. 2008 Nr. 183.
Art. 22
Übergangsbestimmung
Der nach bisherigem Recht bestellte Landesführungsstab und Lawinendienst führen ihre Tätigkeit bis zum Ablauf ihrer Funktionsperiode weiter.
Art. 23
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2017 in Kraft.
Fürstliche Regierung:
gez. Adrian Hasler
Fürstlicher Regierungschef